Reisebericht 21 Nicaragua Drucken E-Mail

Flagge NicaraguaNicaragua ist das grösste Land Zentralamerikas und gleichzeitig eines der am wenigstens bevölkerten.

 

Rein geografisch lässt sich Nicaragua in drei Regionen aufteilen: das Tiefland im Westen, an der Pazifikküste, das gebirgige Innere mit der bis zu 2100 m hohen Sierra Madre und die atlantische Küstenebene im Osten. Die durch den fruchtbaren Vulkanboden begünstigte Landwirtschaft spielt eine bedeutende Rolle; exportiert werden in erster Linie Kaffee, Bananen, Baumwolle und Tabak, für den Eigenbedarf baut man hauptsächlich Mais, Reis, Zucker und Bohnen an.


Seine strategische Lage am Isthmus Zentralamerikas hat Nicaragua in der Vergangenheit übel mitgespielt: Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erwog man hier den Bau eines Kanals der die beiden Meere verbinden sollte, und das Land wurde für lange Zeit zum Spielball der Grossmächte. Im 20 Jahrhundert bestimmte erst die brutale Diktatur des Familienclans der Somoza 40 Jahre lang, später dann das kommunistische Regime der Sandinisten die Geschicke der Nation.

Obwohl seit 1987 in Nicaragua Frieden herrscht, bleiben grosse Probleme bestehen: Etwa 60% der Bevölkerung sind arbeitslos, und mehr als die Hälfte leben unter der Armutsgrenze und der Tourismus entwickelt sich nur langsam. Trotzdem gehört neben Costa Rica Nicaragua zu den sicheren Ländern Zentralamerikas.


Im kleine Ort Somotillo finden wir unseren ersten Übernachtungsplatz auf der Wiese hinter einem Restaurant. Im abgetrennten Teil des Restaurants befindet sich eine Männerrunde am pokern und wir entdecken in der spielenden Runde unseren Grenzbeamten mit dem roten Poloshirt wieder. Da sitzt der Schurke und verspielt und versauft unser geschmiertes Geld, ich glaube fast dem Beamten ist es ein wenig peinlich das wir auch hier sind. Die feucht, fröhliche Runde wird von zwei Musikanten mit Akkordeon und Gitarre begleitet die nicaraguanische Volkslieder spielen. Die Musiker kommen im Verlauf des Abends zu uns hinüber und besingen Maren und mich in einem Lied, sie heissen uns auf diesem Weg auch herzlich Willkommen in Nicaragua und wünschen uns eine gute Reise durchs Land. Natürlich geben wir den beiden Barden ein anständiges Trinkgeld und bedanken uns herzlich.


Am nächsten Morgen staunen wir nicht schlecht, als der harte Kern der pokernden Spielrunde noch am Tisch sitzt und die restlichen Groschen verspielt. Wir machen uns gleich nach dem Kaffee auf den Weg, nachdem wir vom Wirte erfahren haben, dass die ersten 12km der Strasse aus einer Baustelle besteht, das heisst hier in Nicaragua so viel, dass man auf groben Schotter mit vielen Umleitungen über enge Passagen fährt. Doch auch dies hat irgendwann ein Ende und wir gelangen auf eine der guten Asphaltstrasse die Nicaragua zu bieten hat. Noch vor der Ortschaft Chinandega taucht vor uns aus dem Nichts der friedlich vor sich her qualmende San Christóbal Vulkan auf.


Der grosse Unterschied von Arm und Reich macht sich sehr auf der Strasse bemerkbar, während die Reichen mit ihren neuen und teuren Autos schnell vorwärtskommen, sind die mehrheitlichen Armen des Landes auf einfachen Pferde- oder Ochsenfuhrwerke langsam und voll beladen mit gesammeltem Brennholz unterwegs. Wir staunen auch nicht schlecht ab den vielen Landcruiser die hier in allen Modellen zahlreich vertreten sind. An der Tankstelle bei der wir eine Rast einlegen, hat Troopy die Möglichkeit zuerst mal mit einem Landcruiser Grossvater zu plaudern, danach mit dem sportlichen mit gleicher Motorstärke kleineren Bruder. Wir werden natürlich auch viel auf unser aussergewöhnliches Modell angesprochen und viele sind erstaunt wie gut er für seine 20 Jahre noch aussieht, Troopy wird dabei immer ein wenig verlegen.


Im Gewirr von Einbahnstrassen der engen Innenstadt von León müssen wir uns den Weg zum Meer zuerst mal erfragen. Endlich die richtige Strasse gefunden, landen wir wieder auf einer Baustellen Schotterpiste und das gleiche wie wir es bereits schon mal hatten diesmal aber für 20 km bis an den Pazifik hin. Letztendlich am Meer angelangt, sind wir zuerst mal ziemlich enttäuscht von der heruntergekommen Ortschaft am Strand von Las Peñitas. Links und rechts der Sandpiste stehen Häuserruinen die der letzten Naturkatastrophe zum Opfer gefallen sind, ausser einem kleinen Laden mit Gitterstäben und erstaunlicherweise einem Internetshop hat dieses Kaff nicht viel zu bieten. Beim einzigen intakten Hotel, das von einer Amerikanerin geführt ist, finden wir auf dem schmalen Innenhof einen günstigen Übernachtungsplatz für die beiden Reisefahrzeuge. Vom dazu gehörigen Strandrestaurant aus können wir den ersten Blick auf das Meer erhaschen, wie fast überall am wilden Pazifik hat es auch hier eine starke Strömung und somit ist nicht viel mit Baden. Doch dafür ist der Sonnenuntergang Bilderbuch mässig und hier haben wir dank des Wireless Internet die Möglichkeit an der Webseite zu arbeiten.

Wie überall in Zentralamerika verbringen wir den Tag mit nicht zu viel Bewegung, denn sobald man sich nur ein wenig anstrengt treibt es einem augenblicklich den Schweiss aus allen Poren und dann hilft nur noch die kalte Dusche um den Körper wieder abzukühlen. Daher bleiben wir oftmals gerade um die Mittagszeit herum in der Kabine, die dank unseren Ventilator angenehm kühl bleibt. Gegen den Abend und nach getaner Arbeit am Computer setzen wir uns zum Sonnenuntergang in das Strandrestaurant und genehmigen uns in der Happy Hour zwei Bier im Preis für Eines. Nun sind wir wieder mal am Meer und haben keinen frischen Fisch zum essen, das muss geändert werden, daher machen sich Maren und ich am nächsten Morgen auf den Weg zu den Fischern. Wir werden bei einer unscheinbaren Bretterbude im Dorf vorne fündig und kaufen einen anderthalb Kilogramm schweren Red Snapper. Am gleichen Abend nachdem wir den Fisch entschuppt, von Kopf und Flossen getrennt haben legen wir den Prachtskerl auf unseren kleinen Gasgrill. Nun organisieren wir vom Strandrestaurant einen freien Tisch und Stühle, Maren kocht den Reis und bringt den Weisswein und wir den in Knoblauch, Limetten und Olivenöl gegrillten Fisch. Da Martin überhaupt nichts isst was zuvor im Wasser umher geschwommen ist, werden wir drei mehr als satt vom Fisch.


Die Deutschen hatten per Mail mit einer in Managua lebenden Deutschen, Hauptstadt des Landes, ein Treffen mit Übernachtungsplatz organisiert. Die Anfahrt in die 910'000 Einwohner grosse Stadt ist absolut stressig, normalerweise meiden wir Städte, indem wir sie grossräumig umfahren. Es ist daher anspruchsvoll ohne genaues GPS Kartenwerk und sonstiger Karte den vereinbarten Treffpunkt des im Zentrum gelegenen Supermercados zu finden. Nachdem wir in diesem Laden gleich noch den Grosseinkauf erledigt haben, lotst uns Anita zu ihrem Wohnort der sich in einer sogenannten Residenz befindet. Wir staunen nicht schlecht, als wir die hoch ummauerten und mit Wachmann bewachten Häuserreihen der gutbetuchten Städter sehen. Anita lebt mit ihrem Vater, der Stiefmutter und ihren Halbgeschwistern in einem der hoch abgesicherten Häuser, ihr Vater hat panische Angst vor der ausgebrochenen Schweinegrippe, deshalb ist uns Vieren jeglicher Zutritt ins Haus strengstens untersagt. Trotzdem dürfen wir in der Nähe des Hauses kostenlos und gut bewacht auf einem Schotterplatz übernachten. Uns ist klar, dass wir am nächsten Tag weiterfahren wollen, Anita bringt den Vorschlag zur Laguna de Apoyo zu fahren, einem Naherholungsgebiet, dort befinden sich einige Hotels und in der Laguna kann man bedenkenlos Baden.

Die Laguna de Apoyo ist ein Kratersee umgeben von einem tropischen Trockenwald, der über eine steile, schmale Asphaltstrasse zu erreichen ist. Da heute Sonntag ist, sind die Restaurants und Hotels gut besucht. Es ist für uns nicht ganz einfach einen geeigneten Stellplatz vor einem Hotel zu finden, bei den meisten sind die Anfahrten viel zu steil oder es hat gar keine Platz für unsere Fahrzeuge. Nach längerem herum fahren und Hotel für Hotel abklappern finden wir schlussendlich bei einem Einheimischen einen genug grossen und voralledem ebenen Platz. Zuerst mal ist ein Bad in der Lagune angesagt, danach verziehen wir uns ins Fahrzeug zurück, denn draussen herrscht eine subtropische Feuchte, die Schwüle sitzt im Krater unten fest und die gewünschte erfrischende Brise erreicht den schon gar nicht.

Am nächsten Tag verabschieden wir uns von den Deutschen, den wir wollen uns noch die fehlenden Ersatzteile für unser Auto hier in Nicaragua besorgen.

Kaum haben wir die Hauptstrasse nach Granada erreicht werden wir auch schon von der Polizei gestoppt, der Beamte will unsere Papiere sehen und uns zugleich noch eine Busse für zu schnelles Fahren anhängen. Wir und zu schnell Fahren das ist aber wirklich das Lächerlichste das wir bis jetzt gehört haben, den Troopy kann gar nicht schnell fahren. Das der Beamte korrupt über beide Ohren ist wird uns ziemlich schnell bewusst und als wir dann seinen Namen und seine Dienstnummer aufschreiben bekommt er es mit der Angst zu tun und lässt uns drauf hin weiterfahren.

In Granada, einer der ältesten Städte von Zentralamerika, besorgen wir uns eine neue Festplatte für unsere vielen Fotos, im selben Laden treffen wir auf einen Deutschen, der sich gerade eine neue Digitalkamera kauft. Wir kommen ins Gespräch und er teilt uns mit, das er am hellichten Tag in Granada auf dem Weg zum See von 15 Jugendlichen mit einem Messer überfallen und ausgeraubt worden sei. Bei dieser grauenhaften Geschichte müssen wir zuerst mal leer Schlucken. Wir entschliessen uns nachdem wir schon mitten ins enge und viel belebte Zentrum von Granada gefahren sind um feststellen zu müssen, dass die Toyotagarage viel zu klein für unser Fahrzeug ist, dazu keine Ersatzteile an Lager hat, dass wir wieder die 46 km zurück nach Managua zur grossen Toyotagarage fahren.

Dank einem Stadtplan finden wir die Garage in der Hauptstadt auf Anhieb, wir stellen uns gleich für einen Termin beim Service hin. Es wäre nicht Toyota wenn alles sofort klappen würde, diesmal ist das Problem, dass unser Fahrzeug zu schwer und zu gross ist und der Werkstattchef zuerst vom Manager eine Spezialbewilligung einholen muss. Doch leider ist der gute Herr erst in einer Stunde zurück. Während Adriano weiter verhandelt, spricht mich in gutem Englisch ein Nicaraguaner an. Er findet es erstaunlich das wir von so weit Weg bis hierhin gereist sind und als ich ihm dann noch unser Problem mit der Toyotagarage mitteile, nimmt er sein Handy zur Hand und ruft bei einer anderen Landcruiser Garage an. Doch auch bei dieser Garage stossen wir auf taube Ohren. Inzwischen ist der Manager aufgetaucht und teilt uns mit, dass es möglich sei eine Kontrolle vorzunehmen. Super, nur leider ist es auch schon später Nachmittag und wir müssen einen sicheren Stellplatz für die kommende Nacht in der Stadt finden. Für den hilfsbereiten Nicaraguaner, Sabri, ist es kein Problem uns bei sich vor dem Haus im umzäunten Innenhof übernachten zu lassen. Klappt ja alles wieder wie am Schnürchen. Auf jedenfall hat es sich gelohnt direkt mit dem Manager von Toyota Nicaragua zu verhandeln, denn die Garage führt die Kontrolle der Hinterachse kostenlos aus. Mit einem festen Händedruck und einer guten Weiterreise verabschiedet sich der Manager von uns und bedankt sich, dass wir seine Garage ausgewählt haben. Nachdem wir uns mit frischen Ersatzteilen eingedeckt haben, fahren wir gemäss dem Anfahrtsplan durch den Abendverkehr zu Sabri's Wohnort und werden genau vor seinem Haus nochmals von der Polizei angehalten. Nun reicht es uns aber vollends und wir gehen zuerst mal gar nicht auf den Beamten ein. Erst als Sabri mit dem Ordnungshüter verhandelt hat und uns mitteilt das er kein Geld wolle und wirklich nur unsere Papiere kontrollieren wolle geben wir dem verdutzten Bullen das Verlangte.

Sabri lebt in einer kleinen 1-Zimmerwohnung, ist von Beruf IT-Programmierer und nur halb Nicaraguaner, sein Vater stammt ursprünglich aus Palästina. Wir schauen bei ihm am Computer Fotos von seiner Familie an, erfahren dabei auch noch, dass er im Herbst heiratet und sich dann ein Haus auf dem Land kaufen will. Am späteren Abend erscheint dann auch noch seine äusserst sympathische Verlobte und wir gehen auf unseren Wunsch gemeinsam Pizza essen. Wir machen wieder mal die Erfahrung, dass auf Gastfreundschaft in Zentralamerika viel Wert gelegt wird.


Nun schaffen wir es endlich, nachdem wir sicher dreimal am Masaya Vulkan National Park vorbei gefahren sind, diesen auch zu besichtigen. Eine gute Asphaltstrasse führt vorbei an Lavafelder bis zum Rand des aktiven Krater hinauf. Das Vulkanmassiv besteht genau genommen aus zwei Vulkanen und insgesamt fünf Kratern, von denen aber nur noch der 400m hohe Santiago aktiv ist. Die beiden Vulkane Nindiri und Masaya von den Einheimischen auch Popogatepe (brennender Berg) genannt, sind das letzte Mal im Jahre 1670 und 1852 ausgebrochen. Von einem Park-Ranger erfahren wir warum die Strasse zum hinteren Teil des rauchenden Kraters gesperrt ist und nur mit Führer besichtigt werden darf. Im Jahr 2001 hat der Santiago unerwartet brennende Steine ausgespuckt und dabei fiel auch ein Teil der hinteren Kraterwand zusammen. Wir wandern um die bereits erloschenen und mit Gras überdeckten Kratern bis wir in der Ferne die Laguna de Masaya (See) zu Gesicht bekommen. Bereits auf dem Rückweg beobachten wir Scharen von grünen Papageien wie sie zu ihren Nestern zurückkehren. Neben dem bewachten Visitorcenter des NP verbringen wir eine ruhige Nacht in der Natur.


Auf der Panamericana erreichen wir ohne weiteren Bekanntschaften mit der Polizei die Abzweigung nach San Juan del Sur. Der Ort ist für seine umliegenden schönen Buchten und traumhaften Strände bekannt. Wir fahren kurz vor der Ortschaft gen Norden und erreichen auf einer schmalen 12km langen Lehm-Piste die aufs Ende zu mit steilen Hängen, grösseren Auswaschungen in eine Abenteuerstrecke übergeht und wir wieder einmal Gebrauch von 4WD und der Untersetzung machen müssen. Doch wir werden für unsere Strapazen belohnt, die Playa Majagual ist eine von Felsen geschütze Bucht die sich hervorragend zum Schwimmen eignet. Unweit und zu Fuss über die Felsen erreichbar befindet sich auch noch die überwiegend bei den Surfer beliebte Playa Maderas. Da wir keine Wellenreiter sind und es auch nicht werden wollen, bleiben wir an der Playa Majagual stehen und fragen beim einzigen kleinen Restaurant nach ob wir hier stehen dürfen. Die freundliche Familie hat nichts einzuwenden und lässt uns für wenig Geld auf dem grossen Sandplatz inmitten von Bäumen übernachten. Hierhin finden nur wenige Touristen, denn das einzige Resort das praktisch die Hälfte des Ortes ausmacht ist zum Glück im Moment im Umbau, die andere Hälfte des verschlafenen Kaffs besteht aus privaten Häusern und einer Jugendherberge mit Camping. Kurz vor Sonnenuntergang setzen wir uns mit der Horde Backpacker an den Strand und bestaunen die orange-leuchtende Sonne untergehen. Uns gefällt es hier ausgesprochen gut, deshalb entscheiden wir uns noch ein paar Tage länger als eingeplant in Nicaragua zu bleiben. Da wir nun auch Strom und Wasser vom Restaurant beziehen können bleibt unsere Energie- und Wasserknappheit aus und wir verbringen unbesorgt den Tag mit Baden, lesen und Tiere beobachten. Zum Beispiel die Brüllaffen, wie sie sich von Baum zu Baum schwingen eine Pause beim Tamarindebaum einlegen, dort mit ihren Händchen die Hülsen öffnen, das breiige Fruchtmark genüsslich verspeisen und die leere Hülse auf meinen Bauch in der darunterliegenden Hängematte fallen lassen. In der Dunkelheit erhalten sie dann noch Besuch von den Beutelratten auch Opossum genannt, die aber das Affenmännchen mit ohrenbetäubenden Gebrüll sofort wieder aus seinem Revier vertreibt.

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