Reisebericht 19 Guatemala Drucken E-Mail

Flagge GuatemalaGuatemala hat die höchste Bevölkerungsdichte Zentralamerikas.

 

Etwa 60% der über 13 Millionen Einwohner sind Ladinos (Mestizen) oder Europäer, ca. 40% sind Maya (Indigenas). Die Guatemalteken sind sehr religiös, und unter der dünnen Schicht des Katholizismus bleiben der mystische Glaube und die Rituale ihrer Vorfahren lebendig. Leider hat diese Land neben den wohl bekanntesten und grössten Maya-Stätten auch Kriege zu verzeichnen. Als 1954 ihr damaliger Präsident gestürzt wird, fällt die Macht in die Händen der Armee was zur Folge hat, dass ein 36 jähriger Bürgerkrieg ausbricht. Tausende von Indigenen werden in den sogenannten „Anti-Terroristen Kampagnen“ umgebracht, weitere 100'000 können nach Mexiko fliehen. Vereinzelte Guerilla-Aktivitäten halten bis 1996 an, bis dann endgültig wieder Frieden im Land eintritt.

Doch nicht nur der Krieg fordert sein Attribut auch die Natur, Guatemala besitzt gute 30 meist noch aktive Vulkane, dazu kommt noch das 3 tektonischen Platten hier zusammentreffen was immer wieder mal zu einem schweren Erdbeben oder einen Vulkanausbruch führen kann.

 

Der Grenzübertritt nach Guatemala verläuft für zentralamerikanische Verhältnisse schnell und problemlos. Nach der Brücke werden wir schon zwecks Brückenzoll, der aber nur für Touristen gilt, unsere ersten Quetzales (guatemaltekische Währung) los. Auf der Strasse nach El Cruce auf der die ersten Kilometer nur Schotter liegt, aber zum Glück später in eine zusammengeflickten Asphaltstrasse übergeht, erreichen wir zeitig die Kreuzung nach Tikal. In El Remate den Ausgangsort für die bekannten Maya Ruinen Tikal, kaufe ich noch frisches Gemüse und Früchte beim Gemüsehändler ein, währenddessen hält neben Adriano ein guatemaltekisches Auto an. Es handelt sich dabei um einen ausgewanderten Schweizer, der uns spontan zu sich nach Hause einlädt. Da es gerade wieder mal um die Mittagszeit herum ist und wir keine Lust haben bei dieser Hitze den Berg nach Tikal hoch zu fahren nehmen wir das Angebot gerne an. Don Ruedi wie er hier liebevoll von den Einheimischen genannt wird ist vor gut 22 Jahren an den wunderschönen Lago Petén Itzá ausgewandert. Direkt am See hat er sich einen wunderschönen Flecken Dschungel gekauft und sich mit Hilfe der Einheimischen ein grosses Haus mit Strohdach gebaut. Seinen stressigen Job als Bänker hat er sich an den Nagel gehängt und hat das einfache Leben in Guatemala bevorzugt. Doch trotz seiner Schweizer Rente kommt der 70 jährige Mann in seinem kleinen Paradies nicht zur Ruhe. Sein neustes Projekt ist im Gange, er kauft gerodetes Land und forstet das wieder auf, mit der Idee dahinter, dies den Europäern zum Schutz des Regenwaldes oder als sogenannte „frische Luft“ Parzellen weise zu verkaufen. Auch in der Hoffnung, dass die Einheimischen Wind davon bekommen und merken, dass man auch mit solchen Geschäften viel Geld verdienen kann. Ein ganz kleiner Beitrag zur voranschreitenden Klimaerwärmung ist es bestimmt.

 

Wir sitzen bei einem kühlen Panache auf Ruedis überdachten Terrasse, blicken auf den See hinunter und fühlen uns wie die Könige. Anschliessend bekommen wir noch eine Führung durchs Haus und lernen dabei den Rest der Familie kennen, seine Frau eine Guatemaltekin treffen wir draussen in der Küche an, sie schneidet den Knoblauch für die camarones (Garnelen) die es für das Abendessen gibt. Gekocht wird hier normalerweise unter fast freiem Himmel und direkt auf offenem Feuer. Auch seine 3 liebenswerte Töchter halten sich hier auf, während die Älteren tatkräftig im Haushalt mithelfen sitzt die Jüngere am Tisch und macht ihre Hausaufgaben. Auf der extra errichtete Plattform im See wird dann bei kühler Brise und herunter gehender Sonne das leckere Mahl gegessen. Den wunderbaren Abend beenden wir mit einem Sprung in den kühlen See.

 

Eigentlich wollen wir zu den Mayaruinen von Tikal fahren, Ruedi bietet uns für diese Zweck sein Fahrzeug an. Wir sind heil froh darüber, denn seit November 2008 sind die Sicherheitswarnungen für Guatemala des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten, kurz EDA, drastisch verschärft worden. Diese betreffen vor allem die Sehenswürdigkeiten des Landes und speziell das Gebiet um Guatemala City herum, wobei die Stadt selber die höchste Kriminalitätsrate aufweist. Wir haben uns deswegen und auch aus anderen Gründen entschieden, Antigua und den Lago de Atitlán auszulassen.

 

Wir fahren also mit dem alten Suzuki 4WD die rund 30 km nach Tikal hinauf, während Troopy sicher bei Ruedi auf dem Vorplatz wartet. Mit den guatemaltekischen Nummernschildern, den ultra-dunkel getönten Scheiben und dem klapprigen Fahrwerk fallen wir überhaupt nicht auf. Im Gegenteil, wir werden sofort für Einheimische gehalten, der Zeitungsverkäufer will uns eine Zeitung verkaufen und auf dem Parkplatz vor den Ruinen werden wir in Ruhe gelassen, keiner versucht uns eine Tour oder Souvenirs auf aufzuschwatzen. Im Hotel Jaguar Inn schauen wir uns die E-Mails an und erfahren von den Österreicher, dass sie morgen nach Guatemala fahren wollen, wir beschreiben ihnen die Anfahrt zu Ruedi's Haus.

Der Eintritt zu den Ruinen ist schön gesalzen wenn man dabei noch bedenkt, dass das Geld in irgendwelchen bürokratischen Ämter verschwindet und nur ein kleiner Teil zur Erhaltung der Ruinen eingesetzt wird.

Tikal ist mit seiner speziellen Bauweise wohl die eindrucksvollste aller Maya-Stätten.

Die ältesten der 4'000 mitten in Dschungel verzeichneten Gebäude stammen aus dem 2 Jh. v. Chr. Es sind vorallem Tempel und Ritualstätten, Paläste und Pyramiden, doch nur wenige Wohnbauten, und man weiss bis heute nicht, ob Tikal nur als Kultstätte oder auch als Gewerbe- und Handelszentrum diente.

Wir spazieren durch den dicht bewachsenen Urwald, treffen auf eine Nasenbären Sippe die ohne Furcht vor uns auf dem Weg nach Nahrung sucht. Da es kurz vor Semana Santa (Ostern) ist, sind die Besucher grösstenteils Guatemalteken, von dem Baby zur Grossmutter ist die ganze Familie vertreten.

Die archäologische Anlage an sich selber ist ein weitläufiges Labyrinth, wir wandern zuerst auf kleineren Trampelpfaden, welche in unserem Lonely Planet Reiseführer als Abkürzungen aufgezeichnet sind, doch es ist zwecklos, die Pfade werden immer enger und ohne Machete ist irgendwann kein Durchkommen mehr. Auf dem offiziellen Weg erreichen wir den Gran Plaza, ein Platz gesäumt von steil aufragenden Tempelpyramiden welches das kultische Zentrum von Tikal war. An der Ostseite der Plaza befindet sich der Tempel des grossen Jaguars. Der Bau mit neun stufenförmigen Terrassen, die ein kleiner Tempel krönt, gehört zu den eindrücklichsten Monumenten der Stätte. Der Tempel hat einen 47 Meter hohen Dachkamm und wird als Symbol- und Markenzeichen von Tikal benutzt. Der grösste der 6 Tempel, der Tempel der Doppelköpfigen Schlange, ist gleichzeitig mit 65 Meter das allerhöchste des Klassikums der Mayas. Dieser besteht aus Sandsteinquadern, die aus den umliegenden Felsen heraus gehauen und mit Klingen aus Obsidian bearbeitet wurden. Ein wahres Meisterwerk für diese Zeit, wenn man nur schon bedenkt was für einfache Werkzeuge die Mayas damals zur Verfügung hatten. Über eine angefertigte Holztreppe an der Seite der Pyramide besteigen wir die Plattform von welcher wir die prachtvolle Aussicht über das Gelände und den Dschungel geniessen. Nach guten 5 Stunden kreuz und quer sind wir durstig und holen uns bei einem der Erfrischungsstände ein kaltes Getränk. Kurz vor dem Ausgang kommen wir noch in den Genuss Spinnenaffen zu sehen die bei waghalsigen Künsten sich von Baum zu Baum schwingen. Nachdem wir den Kühler des Suzukis wieder mit Wasser aufgefüllt haben, machen wir uns mit unserem Jeep wieder Inkognito auf den Weg zu Ruedis Haus auf.

Fast könnte man meinen das die Guatemalteken das wasserbetriebene „Perpetum Mobile“ erfunden hätten, praktisch alle Fahrzeuge verbrauchen hier mehr Wasser als Benzin, kein Wunder wenn die Kühler hier wie ein Sieb aussehen. Ständig sieht man Autofahrer am Strassenrand mit offener Motorhaube und Wasserkanister in der Hand.

 

Der nächste Tag ist trüb und der Regen hängt in der Luft, wir entscheiden uns deswegen heute mit dem Suzuki zum nächstgelegenen Supermarkt zu fahren welcher 30 km entfernt in Santa Elena bei Flores liegt. Es gibt hier in Guatemala nicht mehr so viele Supermarket wie in Mexiko, meistens nur kleinere Läden bei denen man durch ein Stahlgitter hindurch auf die Produkte schaut, sagt was man will, danach die Preise verhandelt und nicht vergessen sollte das Retourgeld gut zu kontrollieren. Da ist es wesentlich einfacher einen Supermarket zu suchen wo die Auswahl grösser ist, die Preise angeschrieben und die Produkte in die Hand genommen werden können. Anders als die kleinen Läden die sich mit Eisengitter vor Überfällen schützen sind die Supermärkte mit Sicherheitspersonal bewacht, die mit einer Pump-Action (Gewehr mit Schnellschussfunktion für Schrottpatronen) in der Hand und einen riesigen Patronengurt um die Hüfte vor dem Eingang stehen. Naja, ist ja eigentlich schon ein komisches Gefühl wenn die Gewehre in den Händen der Sicherheitsleute grösser sind als sie selbst. Während unseres Einkaufsbummesl und der Besichtigung der touristischen Insel Flores sind in der Zwischenzeit auch die Österreicher Sonja und Christian bei Ruedi angekommen. Die Freude am Wiedersehen ist gross, bei kühlem Bier tauschen wir die bisher erlebten Reiseerlebnisse aus, speziell die von der Grenze, wobei wir auch feststellen, dass die bei uns anders verlaufen sind. Zum Beispiel sind bei den Österreicher ganz andere Fotokopien verlangt worden als bei uns, ebenso konnten sie den Brückenzoll mit Hilfe der bei gerufenen Polizei von 50 Quetzales auf 10 herunter drücken, Bravo Team Österreich.

 

Wir verbringen zu Viert unsere Zeit mit Baden im See, faulenzen und unsere Wäsche waschen. Am Karfreitag fahren wir zu fünft mit dem Suzuki wieder nach Santa Elena um uns dort die Osterprozession anzuschauen, auch Ruedis 12 jährige Tochter Donatella ist mit uns mitgekommen. Wir treffen Edgar, Ruedis Sohn, der schon seit 3 Uhr morgens hier ist, um mit seiner Schulklasse die aufwendigen Boden-Teppiche aus gefärbten Sägemehl herzustellen, die werden sorgfältig mit Schablonen und Siebe auf die Strasse gestreut. Anschliessend müssen die den ganzen Tag durch mit Handwasserpumpen besprüht werden, damit diese nicht vom Wind verweht und von der Sonne ausgebleicht werden. Eine sehr aufwendige Arbeit, wenn man bedenkt, dass danach die Prozession innerhalb von ein paar Minuten einfach nur so darüber latscht. Als an diesem heissen Nachmittag die Speicherkarten mit unzähligen Fotos gefüllt sind, hundert von den Bodenteppichen, den kurzen Kulturbruch bei Burger King, der Kirche von Flores etc. sehnen wir uns ans kleine Paradiesli am glasklaren See.

Da wir nicht bis spät abends warten wollen, fahren wir dann auch ohne die Prozession vorher gesehen zu haben zurück. Essen gemeinsam bei Kerzenschein Spaghetti Bolognese, öffnen dazu einen Wein und zur Verdauung den letzten Schluck des guten Obstler den die Österreicher noch von Zuhause mit dabei haben. So lässt es sich leben, doch nach 5 Tagen ruft die Strasse und wir machen uns auf den Weiterweg auf.

Der nächste Stopp liegt nur 130 Kilometer entfernt, in der Nähe von Poptun, die Finca Ixobel einer der bevorzugten Treffs der Reisenden. Das Gelände mit Naturpool, Bar, Restaurant, Abend-Buffet, Bibliothek und einem Campingplatz hat alles was so ein Traveller Herz begehrt. Von einem Paradies ins Nächste, bis jetzt gefällt uns Guatemala mit seinen lauschigen Übernachtungsmöglichkeiten sehr gut. Wir setzen uns ins Restaurant und nehmen was Kleines zu uns, danach durchstöbern wir die Bibliothek und legen uns mit den veralteten Magazinen (Stern, Audio-Video, Reise-Mobil usw.) in die Hängematten.

Am nächsten Tag taucht in der Einfahrt der graue Nissan Pathfinder der Österreicher auf. Am Abend kurz bevor es Zeit ist gemeinsam ans Buffet zu gehen, erleben wir ein Gewitter, es giesst wie aus Kübel für uns wieder mal was Aussergewöhnliches, das letzte Mal hatten wir solchen Niederschlag im Norden von Amerika... Es bleibt uns also nichts anderes übrig als uns zu viert in den Troopy zu setzen und abzuwarten bis der Regen nachlässt.

Man muss nur eine Weile am gleichen Ort stehen und dann trifft man auf mehr Fahrzeugreisende. So lernen wir auch noch Martin und Maren und ihren Dalmatiner Emmis aus Deutschland kennen. Sie sind mit einem gut 40 jährigen Unimog 404 bis nach Panama unterwegs. Da wir mehr oder weniger die gleiche Route geplant haben, beschliessen wir die unsicheren Länder Zentralamerikas gemeinsam zu passieren. So verabschieden wir uns tags darauf von den Österreicher die noch nach Coban wollen, und fahren mit Maren und Martin gemeinsam weiter. Bis jetzt sind wir in Guatemala auf wenig befahrenen Strassen unterwegs gewesen, doch das ändert sich schlagartig als wir auf die CA 9 abbiegen. Die Lastwagen setzen an den unmöglichsten Stellen zu halsbrecherischen Überholmanöver an. Auffallend dabei ist, dass vor allem Tanklastwagen wie die Henker fahren, frei nach dem Motto des Riesenaufklebers der auf der Windschutzscheibe glänzt: JESUS ME GUIDA (Jesus lenkt mich).

Wir sind heilfroh, das wir diese Strasse nach 125 km verlassen können und auf die wesentlich weniger befahrene CA 10 nach Chiquimula wechseln. Am nächsten Morgen wollen wir nach El Salvador fahren, doch nach 10 km funkt uns Martin an, mit unseren in Mexiko angeschafften Funkgeräte, und teilt mit, dass der Unimog Bremsflüssigkeit verliert. Wir wenden sofort und fahren zur nächst grösseren Ortschaft nach Esquipulas. Auf einem Schotterplatz repariert Martin mit Hilfe von Adriano das Fahrzeug, während Maren und ich herum sitzen und quatschen. Da es nun zu spät geworden ist um die Grenze zu passieren verschieben wir die Weiterfahrt auf den nächsten Tag.

Wir haben uns trotz den verschlechterten Sicherheitswarnungen des EDA nie unsicher oder belästigt gefühlt, die Guatemalteken lernen wir als überaus freundliche Menschen kennen. Man sollte trotzdem die Sicherheitssituation nicht unterschätzen, was insbesondere das Fahren bei Dunkelheit und die Stosszeiten in Guatemala City betreffen.

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